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Sandra Hess im Interview«Die FDP ist kein Anhängsel der SVP»

Das Aussenbild der FDP deckt sich nicht immer mit dem Innenbild. Die neue Parteipräsidentin Sandra Hess will die Kantonalpartei wieder breiter aufstellen.

Frau Hess, Sie sagten nach den Verlusten bei den Nationalratswahlen, die FDP Kanton Bern müsse über die Bücher. Zu welchen Schlüssen sind Sie nach hundert Tagen im Amt gekommen?

Wir haben viele aktive Mitglieder, ich spreche vom «Vollgaspotenzial». Leider ist es nicht gelungen, das im Wahlkampf voll zu entfalten. Wir müssen viel mehr Basisarbeit machen. Die FDP ist zu wenig prägnant und zu wenig aggressiv in ihren Aussagen.

Was sind Ihre Wahlziele in den Kantonswahlen 2026?

Wir wollen wieder auf mindestens zwanzig Sitze im Grossen Rat kommen, das heisst, den Verlust von zwei Sitzen in den letzten Wahlen kompensieren.

«Regierungsrat Philippe Müller ist ein sehr aktiver Regierungsrat mit einem klaren Profil.»

Tritt Philippe Müller wieder für den Regierungsrat an?

Wir werden das kommunizieren, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

Der FDP-Regierungsrat tritt auf Social Media bei den Themen Sicherheit und Migration sehr pointiert auf. Ist er ein Aushängeschild für die FDP Kanton Bern?

Der FDP wird häufig vorgeworfen, sie habe kein klares Profil. Regierungsrat Philippe Müller ist ein sehr aktiver Regierungsrat mit einem klaren Profil. Das ist wichtig für unsere Partei. Als Sicherheitsdirektor hat er zwangsläufig Themen, die auch von der SVP bearbeitet werden. Unser Ziel und meine Aufgabe ist es, für alle Themen prägnante Aushängeschilder zu haben.

Regierungsrat Philippe Müller vertritt pointierte Meinungen in den Bereichen Sicherheit und Migration – Parteipräsidentin Sandra Hess möchte aber auch andere Themen in den Vordergrund rücken.

Die FDP Kanton Bern hatte bei den Nationalratswahlen 2007 noch 15,1 Prozent Wähleranteil, 2023 noch 7,5 Prozent. Wie erklären Sie sich diesen Niedergang?

Man muss diese Zahlen einordnen. 15,1 Prozent hatten wir in einer Zeit, als es weder GLP noch BDP beziehungsweise die Mitte-Partei gegeben hat. So betrachtet, werden wir diesen Wähleranteil nicht mehr erreichen. Aber heute haben wir ganz klar einen zu tiefen Wähleranteil. Es war ja nicht ein plötzlicher Abfall, sondern ein kontinuierlicher Abbau. Das wollte man in der Partei aber lange nicht wahrhaben.

Wer heute GLP wählt, hat früher oft FDP gewählt. Hat die FDP Themen wie die Ökologie in den Städten vernachlässigt?

In den Exekutiven der Gemeinden sitzen viele FDP-Politiker. Ihnen traut man Lösungskompetenz zu. Aber als Partei hat es die FDP versäumt, pointierter für ökologische und soziale Themen einzutreten.

Lange Zeit hat die FDP ihr Heil in einer Anlehnung an die SVP gesucht. Wie sehen Sie die Beziehung zur SVP?

Ich wehre mich vehement dagegen, die FDP als Anhängsel der SVP wahrzunehmen. Die FDP ist eine eigenständige Partei und sucht die Zusammenarbeit dort, wo es für uns Sinn ergibt, unseren eigenen Positionen zum Durchbruch zu verhelfen. Wir sind aber auch Teil des bürgerlichen Lagers und arbeiten dort zusammen.

Worin unterscheidet sich die FDP denn von SVP und GLP?

Unsere Ressourcen im Land sind die KMU, die Hochschulen, die Dienstleistungsbetriebe und die Industrie. Wir setzen uns in all diesen Bereichen ein. Die Vollbeschäftigung fällt nicht vom Himmel. Es braucht gute Bildungsinstitutionen, Forschung, Innovation und ein starkes Gewerbe. Ein ebenfalls wichtiges Thema für mich ist Wohnen.

«Der Ortsbildschutz verhindert, dass man höher bauen kann.»

Die Linke setzt auf gemeinnützigen Wohnungsbau, um die Wohnungsnot zu bekämpfen. Was ist Ihr Rezept?

Wir haben ein Problem mit der Raumplanung. Die Regelungsdichte ist mittlerweile so gross, dass die Verfahren viel zu lange dauern, was das Bauen verteuert. Wir werden künftig vermehrt Interessen abwägen müssen. Der Ortsbildschutz zum Beispiel verhindert, dass man höher bauen kann. Ich finde den Schutz der Ortsbilder auch wichtig. Aber wir können nicht verdichten und gleichzeitig kein einziges Haus verändern.

Ist das Hauptproblem die Regulierungsdichte? Geht es nicht eher darum, dass Pensionskassen ihr Geld anlegen müssen und so die Preise in die Höhe treiben?

Die institutionellen Anleger handeln im Interesse ihrer Mitglieder, und das sind wir alle. Wir erwarten eine gewisse Rendite und wollen nicht, dass der Umwandlungssatz noch mehr sinkt. Ich befürchte, dass irgendwann geregelt wird, wie viele Quadratmeter Wohnfläche ein Mensch in Anspruch nehmen darf.

Also muss man den Markt machen lassen und das Problem löst sich von selber?

Nein. Die Gemeinden müssen über die Ortsplanung und bei der Abgabe von Land im Baurecht über Auflagen dafür sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger aus allen sozialen Schichten Wohnraum finden.

«Die FDP hat sich zu wenig und zu spät abgegrenzt vom Grosskapital.»

Zurzeit schwappt wieder die Abzocker-Debatte hoch, die der FDP einst stark geschadet hat. Muss die kantonale FDP ausbaden, dass die Mutterpartei wieder einmal mit dem Grosskapital identifiziert wird?

Historisch gesehen hat sich die FDP zu wenig und zu spät abgegrenzt vom Grosskapital. Aber bei der jüngsten Boni-Debatte, die von der UBS losgetreten wurde, haben sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter und Parteipräsident Thierry Burkhart distanziert. Die FDP macht nicht die Lohnpolitik der Wirtschaft. Letztendlich sind die Boni-Exzesse ein Spiegel der Persönlichkeit der Führungskräfte in diesen Unternehmen. Es ist Sache der Aktionäre und nicht der FDP, sich dagegen zu wehren.

Zum Glück sind Sie FDP-Präsidentin in einem strukturschwachen Kanton ohne Finanzwirtschaft.

Es gibt eine sehr starke Industrie im Kanton Bern, die einen grossen Beitrag zu Stabilität und Wohlstand leistet. Ich bin stolz, Präsidentin der FDP in diesem Kanton zu sein. Die Wirtschaft ist auf gute Rahmenbedingungen angewiesen.

Dann sind die geplanten Steuersenkungen ein weiteres Hauptkampffeld?

Je mehr Steuern der Staat einnimmt, desto mehr Aufgaben übernimmt er. Je mehr Aufgaben er übernimmt, desto mehr wird er der Wirtschaft und den Einzelnen sagen, was sie zu tun haben. Der Umverteilungseffekt durch die Steuern darf sich nicht noch verstärken. Die Senkung der Unternehmenssteuern ist ein wichtiger erster Schritt. Als nächstes müssen auch die Steuern für natürliche Personen sinken. Ziel ist es, dass der Kanton Bern bei der Steuerbelastung schweizweit im Mittelfeld wäre.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht aber immer mehr auf, daher braucht es doch Umverteilung?

Es gibt diese Schere. Und wir haben als Gesellschaft die Verantwortung, dass alle Menschen in Würde leben können. Aber wo immer es möglich ist, ist das Individuum für sein Wohlergehen selber verantwortlich.

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