Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

TV-Kritik «Tatort»Der «Streuner» liebt und leidet überzeugend

Zunächst wie ein Altersstück im Abendprogramm: Kommissar Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Journalistin Koch (Jenny Schily).

Nicola und Max mögen sich, aber Nicola ist Journalistin – und Max ist Polizist. Nicht irgendeiner, natürlich, sondern Max Ballauf (Klaus J. Behrendt), seines Zeichens im bereits 90. Fall ermittelnder Polizeihauptkommissar in Köln und als solcher vielleicht der Letzte, der sich intimer mit der Presse unterhalten sollte.

Das ist er eigentlich schon, der Plot im neuen «Tatort» aus Köln. Ballauf, der «Streuner», wie sie dem notorischen Single im Kommissariat schon sagen, hat seit drei Monaten eine Freundin, für seine Verhältnisse ist das erschreckend lang. Das Publikum ist nahe dran an der Liebelei, die Ermittlung im eigentlichen Fall um einen toten Erpresser läuft lange Zeit eher so neben der Romanze her, die in diesem ersten Filmdrittel inszeniert wird (Regie: Torsten C. Fischer) wie ein Altersstück im Abendprogramm unter der Woche: mit Rosamunde-Pilcher-tiefen Blicken und Streicheln über grau melierte Schläfen und mit Bettwäsche aus blauem Satin.

Diesmal mit viel «Jeföhl» – bis zur Zerreissprobe

Dazu bekommen wir dank gesprochenen Gedankenfetzen mit, was in den beiden Köpfen so vor sich geht, und mit dem für «Tatort»-Filme eher ungewöhnlichen Stilmittel der Innensicht lässt sich glaubhaft die Verzweiflung transportieren, die sich in Ballauf breitmacht, als er merkt, dass seine Nicola Koch – gespielt von Jenny Schily, Tochter des früheren Bundesministers Otto Schily (worauf es im Film eine feine Referenz gibt) – doch enger verknüpft ist mit dem Fall, als es ihm lieb ist.

War der Erpresser ein Opfer eines seiner Opfer? Und warum hat Nicola ausgerechnet für die Autovermietung eine Mitgliedskarte, mit deren Fahrzeug der Mann überfahren wurde?

In den traditionell eher rauschnauzigen Kölner Krimis – Co-Ermittler Schenk (Dietmar Bär) bedient sich gern mal der eher altbackenen Formulierung «worauf du einen lassen kannst» – mischt sich diesmal viel «Jeföhl», und diese Gefühle lenken in die eine, der Fall in die andere Richtung. Es zeichnet sich ab, dass es irgendwann zur Zerreissprobe kommen muss.

Ein bisschen «Basic Instinct», ein bisschen «Mr. & Mrs. Smith»: Ermittler Ballauf ringt zusehends mit sich selber.

Wie sich das zwischen Ballauf und seiner Nicola entwickelt, hat einen Hauch von «Basic Instinct», weil der verliebte Kommissar bis zum tragischen Ende angetan bleibt von seiner Journalistin, obwohl er schnell einmal ahnt, dass sie nicht ganz mit offenen Karten spielt. Und es hat etwas von «Mr. & Mrs. Smith», weil die beiden als Ermittler und Reporterin am Ende des Tages im Bett im Prinzip nicht unbedingt über ihre Arbeit reden sollten. Und es natürlich dennoch tun.

Ins Stocken gerät das Ganze nur, als sich in der Gegenwart eine Zeit lang überhaupt nichts mehr tut und die Handlung ausschliesslich durch neue Erkenntnisse aus Zeugenaussagen vorangetrieben wird. Die Längen im Drehbuch (Wolfgang Stauch) versucht die Regie hier mit einem bemüht-rasanten Zusammenschnitt zu überbrücken, was nicht so ganz glückt. 

Ballauf ringt zunehmend mit sich selber, sein Innerstes rebelliert gegen all die Indizien, die sich derart früh auf dieses eine Szenario hin verdichten, dass man mit der Gewissheit ins Finale gehen kann: Hier kommt alles anders. «Alles, was uns jetzt noch retten kann, ist die Wahrheit», sagt Ballauf irgendwann zu ihr, eigentlich viel zu pathetisch für einen «Tatort», der zu dem Zeitpunkt aber längst ist, was viele andere Filmen seiner Reihe nur zu sein versuchen: wirklich und glaubhaft tragisch.