«Wir freuen uns auf schöne Landschaften, hohe Berge, neue Freunde und viele Menschen in unserer Show»: Dies sagen Yordanos, Hilina und Nuhamin Yilima mit einem Lachen im Gesicht. Die drei Schwestern aus Addis Abeba sitzen an einem kleinen runden Tisch vor dem grossen  blau-weissen Zelt des Circus Harlekin.

Vor wenigen Tagen sind sie in Thun  angekommen, nun wird der Oberländer Zirkus in den kommenden Monaten ihr neues Zuhause sein. Als Golden Sisters treten die drei jungen  Frauen bis Ende September in der Manege auf.

Kraft und Präzision sind nötig

«Es wird ein Highlight in unserem Programm», freut sich Nicole Pichler als Leiterin des Circus Harlekin. Was die drei Artistinnen mit ihren sechs Händen zeigen, lässt das Publikum den Atem anhalten und wird als  Hebeakrobatik bezeichnet. Viel Kraft, Präzision und Beweglichkeit sind nötig, wenn das Trio seine Kunststücke und Handstände mit grosser Eleganz und in fast unmöglich scheinenden Variationen vollführt.

Der Zirkus als Chance

«Artistische Kunststücke haben in Äthiopien eine lange Tradition, und es  gibt berühmte Zirkusschulen in unserem Land», erklärt Yordanos Yilima. Obschon nicht in einer Zirkusfamilie aufgewachsen, habe sie sich schon als kleines Kind dafür interessiert und früh mit dem Training begonnen. Dann seien noch zwei ihrer insgesamt fünf Geschwister dazugekommen.

«Weil wir gemeinsam auftreten wollten, haben wir uns für diese Form der Akrobatik entschieden», so Yordanos Yilima. «Wir sind sehr  glücklich, dass wir unser Können nun gemeinsam in der Schweiz zeigen  können», ergänzt ihre Schwester Hilina. «Und es ist für uns eine riesige  Chance», sagt Nuhamin als Jüngste im Artistinnen-Trio.

Auftrittsmöglichkeiten sind bescheiden

Denn obschon die Artistik in Äthiopien einen hohen Stellenwert geniesse, seien die Auftrittsmöglichkeiten bescheiden. Viele Artistinnen  und Artisten würden deshalb im Ausland arbeiten. Ihr eigenes Land am  Horn von Afrika bezeichnen die Äthiopierinnen als «sehr schön».

Mit rund 80 gesprochenen Sprachen und fast ebenso vielen Kulturen sei es auch sehr vielseitig und spannend. Leider mache die Sicherheitslage ausserhalb der Hauptstadt Addis Abeba das Reisen aktuell schwierig. Die Stellung der Frauen in ihrem Land könnte besser sein, meinen sie.

«Auch darum sehen wir den Zirkus, wo alle Menschen gleich sind, als  Chance für uns», lässt Yordanos Yilima durchblicken. 

Hektische Tage vor der Premiere

In den Tagen vor der Premiere (4. Mai) haben die Golden Sisters viel zu tun. Tägliche Trainings stehen auf dem Programm, ein vollkommen neues Umfeld und neue Menschen gilt es zu entdecken.

«Die zehn Tage vor dem Start sind immer sehr hektisch», sagt Nicole Pichler, «ich freue mich, dass es am Wochenende richtig losgeht.» Und sie sei sehr  glücklich, dass dem Publikum wiederum eine packende Show für die  ganze Familie geboten werden könne: «Es ist eine abwechslungsreiche  Inszenierung mit waghalsiger Akrobatik, anmutigen Luftnummern, eindrücklichen Balance- und Jonglagenummern, liebevollen  Tierdressuren und erstklassiger Comedy.»

Tomito strapaziert Lachmuskeln

Für Letzteres habe man wiederum den in der vergangenen Saison sehr  beliebten Mister Tomito verpflichten können. «Er wird die Lachmuskeln unseres Publikums garantiert wieder strapazieren», so Pichler, die mit ihren «Trampeltieren» Rocky, Sultan und Mary ebenfalls auftreten wird. In der Show nicht fehlen dürfen auch die  Lieblinge der Kinder, die vier Shetlandponys. «Der kleine Gerra ist ein  richtiger Frechdachs geworden.»

150 Shows in vier Kantonen

Nach dem Tourneestart in Thun wird der Zirkus in seiner 32. Saison mit rund 30 Mitarbeitenden weitere 48 Orte in den Kantonen Bern,  Luzern, Wallis und Obwalden besuchen. Auf dem Programm stehen  rund 150 Shows, hinzu kommen Galavorführungen für Privatanlässe.

Zeit, um vom Heimweh nach ihrem fernen Heimatland Äthiopien geplagt zu werden, werden die Golden Sisters kaum haben.

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