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Ruhe in GeschäftsräumenKiosk-Angestellte dürfen keine Musik mehr hören

Musik nur gegen Gebühr: 19.80 Fr. pro Monat und Standort.

Anfang April brachte der Kiosk-Konzern Valora das Personal auf Linie. Er verschickte ein Schreiben an die «geschätzten Agenturpartner*innen». Titel: «Kein Abspielen von Musik und/oder Fernsehprogrammen in den Verkaufsstellen von Valora». Zum Verkaufsnetz von Valora gehören 825 Kioske und 230 Avec-Läden. Das «Abspielverbot» diene der «Sicherstellung eines einheitlichen Auftritts der Valora-Marken» und gelte unabhängig von der Art des Wiedergabegeräts, also «für Telefone, Radio und Computer». 

«Mehr als die Hälfte unserer Retail-Verkaufsstellen befinden sich an hochfrequentierten Bahnhofslagen oder sind offene Schalterkioske ohne Verkaufsraum», sagt eine Valora-Sprecherin. Zugunsten «eines einheitlichen Einkaufserlebnisses» habe man vor einiger Zeit entschieden, «die Verkaufskonzepte flächendeckend ohne Hintergrundmusik im Laden zu gestalten.» Alle Verkaufsstellen würden «ausdrücklich dazu angehalten», keine Musik, Audioinhalte oder Fernsehprogramme abzuspielen. So auch mit dem aktuellen Schreiben von Anfang April. Die Direktive betreffe alle Inhalte, «die für die Kunden und Kundinnen hör- respektive sichtbar sind.»  

In ihrem Schreiben gibt die Valora den Tarif durch: Falls die Suisa – eine private Genossenschaft, die schweizweit die Urheberrechte von Musikern und Verlegern vertritt – oder eine andere zuständige Behörde bei einer Kontrolle Verstösse gegen das Abspielverbot feststellen würde, «tragen Sie als Agenturpartner die Verantwortung für etwaige Gebührenrechnungen und Bussen».

Zur Entschädigung von Interpreten und Komponisten hat die Suisa den Tarif 3a geschaffen: «19.80 Franken pro Monat und Standort, wenn die beschallte Fläche maximal 1000 Quadratmeter beträgt», sagt Suisa-Chef Andreas Wegelin. Das macht jährlich 237.60 Franken. «Wenn Kunden mithören, ist diese Vergütung geschuldet, egal von welchem Gerät die Musik stammt.» Also auch dann, wenn Kioskmitarbeitende auf ihrem eigenen Handy Songs abspielen – falls das für die Kundschaft, die vor der Theke steht, wahrnehmbar ist. Für die Suisa gilt das als «Hintergrundmusik» in Geschäftsräumlichkeiten. 

Musikverbot sorgt bei Personal für Konsternation

Die Gebühren werden auch dort fällig, wo man das nicht unbedingt erwarten würde: Meditationskurse mit Entspannungsmusik, Gedudel in Warteschleifen von Hotlines, im Coiffeursalon oder Aerobic-Studio – alles gebührenpflichtig. 

Aber damit nicht genug: Einem Kleinunternehmer flatterte ein Brief samt Zahlungsaufforderung ins Haus. Begründung: Er stelle in seinen Geschäftsfahrzeugen Radioempfang zur Verfügung. Dafür brauche es eine Suisa-Lizenz. Nur der private Gebrauch sei lizenzfrei. «Privat» sei laut Gesetz nur die Nutzung «im engen Freundes- oder Verwandtenkreis» oder wenn während der Arbeit Musik mit dem persönlichen Gerät abgespielt werde – «mit Kopfhörer». 

Das Musikverbot von Valora und das Abwälzen allfälliger Gebühren auf das Personal sorgt bei vielen für Konsternation, die stundenlang hinter einem Tresen stehen. «Ein Witz», sagt eine Kioskfrau aus einer Zürcher Gemeinde. «Jetzt darf ich auf meinem Handy keine Musik abspielen, weil da jemand mithören könnte – ich kann ja keinen Kopfhörer aufsetzen, wenn ich Kundschaft bedienen muss.»

Während Valora den Mitarbeitenden die Musik abdreht, ist es den Buschauffeuren der Zürcher Verkehrsbetriebe (VBZ) erlaubt, im Führerstand Sound zu hören – dies im Rahmen eines Pilotprojekts namens Play. «Es geht darum, dass einzig der Fahrer beziehungsweise die Fahrerin für sich in gedämpfter Lautstärke Musik beim Fahren hören kann», sagt eine VBZ-Sprecherin. Die Passagiere wolle man damit nicht unterhalten. «Dass Fahrgäste, die direkt hinter der Führerkabine im Bus sitzen, Musikfetzen mitbekommen, ist unvermeidlich. Nach unserer Einschätzung ist dafür keine Suisa-Lizenz nötig, noch fallen entsprechende Gebühren an.»

Das sieht Suisa-Chef Andreas Wegelin anders: «Die VBZ stehen als Arbeitgeber hinter dem Pilotprojekt Play, bei dem Musik für die Chauffeure im Dienst wiedergegeben wird. Es handelt sich hier nicht um Privatgebrauch.» Mit anderen Worten: Es kostet. Der Preis, stellt die Suisa in Aussicht, werde am Schluss wie bei den Verkaufsgeschäften eine Pauschale sein.