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Wandern auf SardinienInsel der historischen Schätze

Nach dem Wandern lockt das türkisfarbene Meer zum erquickenden Bade am Kap Spartivento im Süden Sardiniens.

Dieser Artikel stammt aus der Schweizer Familie

Ein schöner Morgen. Sonnenschein, blauer Himmel, wolkenlos, angenehme Temperatur, kein kühler Wind. Das Meer in der Bucht von Porto Conte glänzt silbern, auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht grüssen einige Häuser, und am Ende einer langen Felsnase sticht der Leuchtturm vom Capo Caccia in den Frühlingshimmel. Perfekt. Sardiniens Nordwesten zeigt sich von der schönsten Seite – ein Bild fürs Fotoalbum. Und ein idealer Tag, um zur Punta Giglio zu wandern.

Was wir auch tun werden. Und zwar unter der Leitung von Dominique Schönenberger. Die Ethnologin ist weit gereist, kennt sich aus auf der Welt, mag Italien, ist Wanderleiterin bei Baumeler Reisen und erkundet nun geeignete Wanderrouten für die künftige Leserreise der «Schweizer Familie». Wie die heutige Wanderung im Naturpark von Porto Conte.

Der Parco di Porto Conte offenbart sich auf einer Wanderung als wildromantisches Refugium.

Es ist eine einfache, aber wunderschöne Rundwanderung, die vieles von dem bietet, was Sardinien zu einer Sehnsuchtsinsel macht: lichte Pinienwälder, dichte Macchia, eindrückliche Meeresblicke und versteckte Buchten, die zum Verweilen und Baden laden. «Auch deshalb mag ich diese Insel», sagt Schönenberger, «das Meer ist überall ganz nah.»

Diese Reise ist ein Angebot der Schweizer Familie, mehr Infos finden Sie hier.

Noch stehen wir jedoch vor dem Torre Nuova, einem 1572 erbauten Wach- und Wehrturm auf einem Felssporn über der Bucht von Porto Conte. Ihm zur Seite steht, wie ein Leibgardist, ein kleiner Leuchtturm, was dem Torre Nuova eine gewisse Wichtigkeit verleiht. Das gedrungene, ockerfarbene Gebäude beherbergt ein dem französischen Piloten und Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry gewidmetes Museum.

Das Museum Torre Nuova wurde dem französischen Piloten und Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry gewidmet.

Der Verfasser des «kleinen Prinzen», zeitweilig Pilot der amerikanischen Air Force, war 1944 auch im nahen Militärflughafen von Fertilia stationiert. Am 31. Juli stürzte der damals 44-jährige Saint-Exupéry bei einem weiteren Aufklärungsflug ab und fand in der Nähe von Marseille sein nasses Grab. Warum genau, bleibt ungewiss, es ist denkbar, dass er von einem deutschen Piloten abgeschossen wurde.

Terrasse mit Aussicht

Ich hätte das Museum im Turm gern besucht, doch an diesem nebensaisonalen Morgen war es geschlossen.

Nun ruft der Berg, der Monte Rudedu. Nun ja, Berg … Etwa 166 Meter hoch ist die Anhöhe, aber sie liegt dennoch etwas über der Punta Giglio. Wir werden sie links liegen lassen, dafür werden wir zum «Rifugio di Mare» wandern – ein Refugium übrigens, das seinem Namen zum Trotz nicht am, sondern hoch über dem Meer liegt – und von der Terrasse des Restaurants bei einem Glas mit sardischem Frizzante die traumhafte Aussicht geniessen.

Vom Parkplatz des Parkes vis-à-vis des Jachtclubs von Porto Conte führt eine Fahrstrasse gemächlich hügelan, führt durch ein Pinienwäldchen, gewährt Blicke auf die Bucht und die gegenüberliegende Küste, führt entlang dichten Macchia-Gestrüpps, bis nach einigen Kehren Rifugio und Restaurant erreicht sind.

Unterwegs treffen wir kaum Leute an, ein ehrgeiziger Biker, zwei Waldarbeiter, ein Jogger noch, sonst herrscht kein Betrieb. Das dürfte im Sommer anders sein, der Parco ist ein beliebtes Ausflugsziel, doch nun, im Frühling, haben wir diese wunderbare Gegend quasi für uns. Erst beim Restaurant treffen wir andere Wanderer, die, wie wir, es sich bei sardischem Wein und Frischkäse gut gehen lassen.

Weit unten, vor der Steilküste, kreuzt ein grosses Segelschiff. Vermutlich ein Ausflugsschiff, das auf dem Weg zu den ebenso malerischen wie berühmten Neptun-Grotten einen Abstecher in die Porto-Conte-Bucht macht. In der Ferne zeigen sich diesig weichgezeichnet Häuser und Türme der Hafenstadt Alghero.

Am Nachmittag werden meine Partnerin Regina und ich durch diese malerische, im 14. Jahrhundert von Katalonien-Aragonien in Besitz genommene und bis heute sprachlich und architektonisch katalanisch geprägte Altstadt bummeln.

Die Häuser der Altstadt von Alghero sind im katalanisch-gotischen Stil gebaut.

Und gewiss werden wir in einem der hübschen Restaurants auf der Stadtmauer einkehren und mit einem regionalen Rosato zu Meeresfrüchten und Fisch auf die «schönste Stadt Sardiniens» anstossen. «Salute!»

Die bunten Fassaden von Alghero sind mit Kunst und Blumen geschmückt.

Der kalte Hauch der Geschichte

Durch Sardinien zieht sich eine nicht zu übersehende Spur der Geschichte, denn nicht nur die Katalanen waren auf dieser zwar kargen, aber strategisch bedeutsamen Mittelmeerinsel. Fast alle waren sie hier, die Phönizier, die Karthager, die Römer und Vandalen, Byzantiner und Mauren, später die Herren von Pisa und Genua, die Katalanen, selbst die Habsburger. Die Bevölkerung erduldete es, zog sich zurück ins unwegsame Inselinnere, überliess den Besetzern die Küste und kümmerte sich nicht weiter darum, wer sich gerade Herr von Sardinien nannte.

Die Sarden kümmerten sich um ihre eigenen Angelegenheiten – und die waren auch nicht unbedingt friedvoll. Da hiess es oft: Region gegen Region, Dorf gegen Dorf, Sippe gegen Sippe, alle gegen alle und jeder für sich. Im Büchlein «Gebrauchsanweisung für Sardinien» beschreibt Autor Henning Klüver diese sardischen Eigenheiten ebenso unterhaltsam wie informativ.

Zeugen dieser eher martialischen Mentalität finden sich überall auf der Insel. Wie die einst von Phönizier gegründete Hafen- und Handelsstadt Nora im Süden der Insel. Die immer wieder von maurischen Piraten überfallene Stadt wurde im frühen Mittelalter aufgegeben. Die Ruinenstadt kann besucht werden und ist eines der archäologischen Highlights Sardiniens.

Die antike Stadt Nora mit ihren prächtigen Mosaiken aus der Römerzeit zählt zu den ältesten Siedlungen Sardiniens.

Wie auch die Wehr- und Wachtürme, die im Nebel vorgeschichtlicher Zeiten von den noch immer von Geheimnissen umwehten Nuragher errichtet wurden. Die steinernen Türme und Befestigungsanlagen, nach ihren Erbauern einfach «Nuraghen» genannt, sind zum Teil in bemerkenswert gutem Zustand.

Beispielsweise die «Nuraghe Su Nuraxi» bei Barumini. Diese im Süden Sardiniens gelegene Nuraghe ist die wohl eindrücklichste der gegen 7000 Turmbauten und ist Teil des Unesco-Weltkulturerbes.

Wer historisch interessiert ist und die Gelegenheit hat, diese Befestigungsanlage zu besuchen, sollte dies tun. Vielleicht verbunden mit einer Wanderung auf der nahe gelegenen Giara di Gesturi, einem 550 Meter hohen Tafelberg, der nicht nur eine fantastische Aussicht auf das Umland gewährt, auf Korkeichen und Macchia, sondern auch Heimat ist der Cavallini della Giara, Pferden, die auf dieser gut zugänglichen Hochebene in relativer Freiheit leben.

Besichtigung des «Hauses des Königs»

Doch nicht nur die Nuraghe Su Nuraxi ist einen Besuch wert, auch jene von Santu Antine im «Tal der Nuraghen» lohnt eine Besichtigung.

Die Nuraghe Santu Antine ist eine der grössten prähistorischen Turmbauten im Nordwesten Sardiniens.

«Haus des Königs» nennen die Sarden diesen Befestigungskomplex im Norden der Insel. Er liegt in einer weiten Ebene, vom Turm aus blickt man weit übers Land, auf den Zinnen nisten Vögel, Eidechsen huschen über die sonnenwarmen Gemäuer, und im mit einigen Lichtstrahlern effektvoll beleuchteten Inneren ist es geradezu kühl. Sommers über, wenn die Temperaturen weit über die 30-Grad-Marke klettern, gibt es vermutlich keinen angenehmeren Ort als das Innere einer Nuraghe.

Ausgenommen die Höhlen der nahe gelegenen Nekropole Sant’ Andria Priu. Der Gräberkomplex, der zwischen 4000 und 3000 vor unserer Zeitrechnung in eine Felswand gehauen wurde, diente später den frühen Christen als Kultraum.

Zurzeit besteht die Nekropole aus 20 Felskammern mit zum Teil gut erhaltenen Fresken und Wandmalereien.

Fresken mit Vogelmotiven zieren die Wände der unterirdischen Felsengräber von Sant’ Andria Priu.
Im Häuptlingsgrab belegen Wandmalereien, dass die Anlage in frühchristlicher Zeit als Kirche diente.

Auch wenn die Anlage als grösste und schönste Nekropole des gesamten Mittelmeerraumes gilt, wirkt ihre Begehung doch etwas gruselig. Ausser im Sommer. Dann wird der durch die Gruften wehende kalte Hauch der Geschichte zur angenehm kühlenden Brise.

Von Schildkröten und Flamingos

Auf der Terrasse des «Rifugio di Mare» ist der Frizzante mittlerweile getrunken, die vom Wirt servierten Frischkäse-Köstlichkeiten sind gegessen, und das Segelschiff in der Bucht von Porto Conte hat seinen Kurs Richtung Neptun-Grotten wieder aufgenommen. Wir machen uns auf den Weg zurück zum Ausgangsort, nehmen den direkten, etwas steinigen Weg hinunter zum Meer. Staub liegt in der Luft, der Duft von Pinien und Kräutern, es riecht nach Süden und Sommer.

Zwischen Pinien und Macchia führt uns der Weg zum Meer, immer wieder blitzt das Blau zwischen den Bäumen auf, dann sind wir an der Küste. Schrundig, felsig der Grund, leuchtend blau das sanft gegen das Ufer schwappende Meer.

Dominique zieht ihres Weges, wir nehmen uns etwas mehr Zeit, blicken hinüber zum Leuchtturm vom Capo Caccia, wandern gemächlich weiter, atmen tief durch, kommen wieder durch bewaldetes Gebiet, blicken auf verschlafene Buchten, eine Familie hat es sich gemütlich gemacht, Kinder planschen, wir wandern weiter, sehen in der Ferne den Torre Nuova, im Schatten der Bäume ein Picknickplatz mit Tischen, Bänken, Feuerstelle und einem romantischen Blick aufs Meer. Er lädt zum Verweilen. Was wir denn auch tun.

Der Duft der Macchia, von Ginster, Kräutern und Pinien lässt mich an den Vortag denken. Andere Gegend, aber derselbe Duft. Wir wanderten um den Lago di Baratz, den einzigen natürlichen See Sardiniens.

Innehalten am Lago di Baratz und die Aussicht geniessen. Der einzige natürliche Süsswassersee liegt im Nordwesten

Ein weitgehend geschütztes Naturparadies, gesäumt von einem dichten Piniengürtel, ein Schmuckstück von Biotop, das diversen Frosch- und Krötenarten Heimat ist, auf dem Haubentaucher, diverse Enten, Teichrallen und Reiher sich zu Hause fühlen und wo einem Land- und Wasserschildkröten über den Weg laufen.

Eine Süsswasserschildkröte macht es sich am Ufer des Lago di Baratz gemütlich.

Ein Wanderweg führt um den See, allerdings nicht immer dem Ufer nach, doch immer wieder lassen Bäume und Büsche den Blick übers Wasser zu. Und wer den Umweg nicht scheut, kann einen Abstecher zu den Dünen von Porto Ferro machen, die malerische Bucht bewundern und sich im Meer abkühlen.

Das taten wir nicht. Das Wasser war mir zu kalt. Der Sommer mag auf Sardinien zwar schon im Frühling in der Luft liegen, das Wasser jedoch raunt noch immer vom Winter. Finde ich.

Und das wird auch einige Tage später nicht anders sein, wenn wir im Süden der Insel der Küste entlang zum Capo Spartivento wandern werden. Der weite Sandstrand dürfte dann noch weitgehend unbesetzt sein, doch in den lauschigen Buchten werden sich bereits Sonnenhungrige niedergelassen haben, und Badefreudige werden sich im Wasser vergnügen. Ich selbst werde mich dann den Flamingos zuwenden, die durch die zahlreichen Lagunen um Cagliari und Pula staksen.

Für Exotik sorgen die Flamingos am Capo Spartivento an der Südspitze des Landes.
Riesige Feigenkakteen gedeihen am Capo di Pula.

Einst war der Bestand dieser eleganten Vögel arg bedroht, Umweltverschmutzung und die Jagd sorgten dafür. Mittlerweile ist die Jagd verboten, die Umweltbelastung reduziert, und eine Dürreperiode an den Brutplätzen Nordafrikas liess die Vögel in die Lagunen von Sardinien umziehen. Erst in der östlich von Cagliari gelegenen Stagno di Molentargius, dann auch in anderen Brackwasser-Seen. Inzwischen haben die Vögel die Insel zu ihrer Heimat gemacht und sind vor allem im Süden in grosser Zahl zu beobachten.

Noch sind wir allerdings nicht im Süden, noch sitzen wir im Schatten der Pinien an der Bucht von Porto Conte und geniessen die gute Luft, die warme Temperatur, die prächtige Meersicht und denken: Genauso muss Sommer sein. Auch im Frühling.

Diese Reportage wurde unterstützt von Baumeler Reisen. Mehr Informationen und Aktuelles erfahren Sie auf: baumeler.ch