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Entschädigung für BauernWie beim Wolf soll der Bund auch für Gänsegeier zahlen

Der Gänsegeier frisst pro Tag 500 Gramm Fleisch. Und er kann innert 24 Stunden mehrere Hundert Kilometer weit fliegen.

Ihre Flügelspannweite von rund 2,5 Metern ist imposant. Und es kann durchaus Furcht erregen, wenn über ein Dutzend Gänsegeier miteinander anfliegen und sich über ein totes Tier hermachen. Danach sieht es dort übel aus.

Für die Alpwirtschaft würden die Gänsegeier zunehmend zum Problem, sagt der Berner SVP-Nationalrat Thomas Knutti. Denn es gebe immer mehr von ihnen. Erst seien sie nur spärlich am Himmel gesichtet worden, doch inzwischen kämen sie «in grossen Schwärmen». (Mehr dazu: 17 tote Schafe: Haben Geier sie in den Abgrund getrieben?)

Tatsächlich hat die Zahl der Gänsegeier in der Schweiz seit etwa zehn Jahren stark zugenommen. Zuvor waren sie in Westeuropa mit Ausnahme von Spanien fast vollständig verschwunden. Doch Frankreich hat sie erfolgreich wiederangesiedelt. Und von dort fliegen sie im Sommer auch in die Schweizer Berge. Dies ist für die Gänsegeier kein Problem, können sie doch an einem Tag mehrere Hundert Kilometer weit segeln.

Geier profitieren vom Wolf

Hier profitieren sie von der zunehmenden Verbreitung des Wolfs. Reisst dieser ein Schaf, machen sie sich gerne über den Kadaver her. Dank ihren scharfen Augen können sie ein 30 Zentimeter grosses Stück aus einer Distanz von über drei Kilometern erkennen. Pro Tag brauchen sie rund 500 Gramm Fleisch, wobei sie dank ihren Fettpolstern wochenlang ohne Nahrung auskommen können. Umso hungriger sind sie danach.

Laut Knutti sind Gänsegeier «durchaus in der Lage, eine Schaf- oder Ziegenherde bis in den Tod zu treiben und grosse Schäden zu verursachen». Er hat deshalb letzte Woche zusammen mit Parteikollegen einen Vorstoss eingereicht. Dieser verlangt vom Bundesrat, dass Nutztierhalter entschädigt werden, wenn Schafe oder Ziegen durch Gänsegeier zu Tode kommen und dies von einem Wildhüter bestätigt wird.

Ob es je zu einem solchen Nachweis kommen wird, ist allerdings fraglich. Denn als Aasfresser ernähren sich die Gänsegeier laut der Schweizerischen Vogelwarte zwar von den Kadavern, aber es spreche wenig dafür, dass sie die Tiere jagten und töteten. Hätten sie doch im Vergleich zu Adlern schwache Krallen und wenig scharfe Schnäbel.

Gänsegeier nicht vorverurteilen

Gesunde Tiere stünden nicht im Fokus der Gänsegeier, sagt Thorsten Wiegers von der Vogelwarte. Es gebe auch keine Beweise, wonach Gänsegeier gezielt Schafe jagen und in die Tiefe stürzen lassen würden. Dies soll gemäss Thomas Knutti unter anderem auf der Alp Nüschlete bei Boltigen im Simmental geschehen sein.

Livio Rey, ein Kollege von Wiegers bei der Vogelwarte, hat aber ebenfalls in Boltigen beobachtet, wie sich Schafe von Gänsegeiern nicht beirren liessen. Den Vögeln mangle es in den Alpen nicht an Aas, sagt der Biologe. Abstürze, Steinschläge und Erkrankungen sorgten dafür. Deswegen kämen die Gänsegeier auch hierher. Brüten würden sie dagegen in Frankreich und in Spanien, so Rey.

Er hat denn auch bereits im letzten Sommer in der «Bauernzeitung» gemahnt: «Der Gänsegeier darf nicht vorverurteilt werden.» Mit ihrer Kadaververwertung erfüllten die Vögel eine wichtige ökologische Funktion. Sie sorgen nämlich dafür, dass weniger krankheitserregende Mikroorganismen verbreitet werden. Wo die Kadaver dagegen liegen bleiben, breite sich die Tollwut schneller aus, gibt der Biologe zu bedenken.

Rey will die Gänsegeier freilich nicht verherrlichen. Es könne durchaus vorkommen, dass diese auch mal über kranke, schwache oder neugeborene Tiere herfielen, die noch am Leben seien. Unbeaufsichtigte Geburten auf Alpweiden seien deshalb ein Risiko, auch wenn sich die Geier in erster Linie auf die Nachgeburt stürzen würden.

Wenn der Wildhüter zu spät kommt

Das grösste Problem sieht Selina Droz, Geschäftsführerin des Schweizerischen Alpwirtschaftlichen Verbands, bei Wolfsrissen. Immer wieder hätten Gänsegeier einen Kadaver bereits weggefressen, wenn der Wildhüter eintreffe. Entsprechend schwierig sei dann der Nachweis, dass es sich um einen Wolfsriss handle. Damit stehe auch die Entschädigung zur Disposition. «Wir wären froh, wenn man hier kulant wäre», sagt Droz. «Die Kantone handhaben dies nicht alle gleich.»

Im Wallis kam es deswegen bereits zu politischen Vorstössen, worauf die Regierung versicherte, man habe durchaus schon Tiere entschädigt, die von Gänsegeiern weggefressen wurden.

Der Bundesrat hingegen hat SVP-Ständerätin Esther Friedli knapp abgefertigt, als sie vor anderthalb Jahren – damals noch als Nationalrätin – nach der Praxis in solchen Fällen fragte. Werde regelmässig kontrolliert und eingezäunt, könne man Grossraubtierrisse rasch entdecken, so der Bundesrat. Ansonsten müsse eben «die Weideführung und -form überprüft werden».

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