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Influencer Steve MersonEr verteilt Döner, bis die Polizei kommt

Der Tiktoker Steve Merson ist mit dem Testen von Dönern bekannt geworden. Heute kennt man ihn vor allem von den Videos, in denen er E-Scooter, Dyson Air-Wraps oder sogar Lehrstellen verschenkt.

Als Kind lernt man, nicht bei fremden Menschen ins Auto zu steigen. Aber bei Steve Merson zucken Jugendliche nicht einmal mit der Wimper. Sie steigen ein, wenn er im Audi R8 oder Ferrari vorfährt und sie auf eine Spritztour mitnimmt. Zum Treffen in einem Dönerladen in Zürich fährt er aber nicht mit dem Ferrari vor, der war nur gemietet.

Steve Merson kennt den Laden, einmal in der Woche ist er hier. Er geht an der Schlange vorbei, gibt den Angestellten hinter der Theke Fistbumps. «Steve Merson ist hier», sagt ein Mann in sein Telefon und blinzelt hinter seinem Döner hervor. Später unterbricht er das Interview, sein Sohn sei Fan von Merson, ob er ein Foto machen könne? Dem Tiktoker folgen 217’000 Personen, für die Schweiz eine beachtliche Followerschaft.

Merson geniesst das Fotoshooting vor dem Interview sichtlich – er posiert und macht Faxen. Seinem Geschäftspartner trägt er nicht nur auf, Behind The Scenes Fotos für Instagram zu machen, sondern auch Servietten und ein Getränk zu holen.

Stefano Lenherr, wie Steve Merson bürgerlich heisst, ist mit dem Testen von Döner bekannt geworden. Sein Alter möchte er nicht preisgeben. Man kennt ihn vor allem von den Videos, in denen er E-Scooter, Dyson Air-Wraps oder gar Lehrstellen verschenkt und Jugendliche in teuren Autos mitfahren lässt. Unter der Bedingung, dass man seinem Tiktok-Account folge. Wo Merson hinkommt, erregt er Aufsehen. Seine Fans drehen durch und hoffen, etwas gratis zu bekommen.

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Recherchiert man zu Steve Mersons Vergangenheit, liegt der Verdacht nahe, dass er unbedingt berühmt werden wollte. 2020 versuchte er sich als Musiker und nahm bei «The Voice of Switzerland» teil. «Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen. Es ist für mich fast ein geileres Gefühl als Sex», sagte er dort vor seinem Auftritt. Von den Juroren drehte sich niemand für ihn um.

Der Tiktoker versuchte sich auch auf dem politischen Parkett. 2017 war er, damals 24-jährig, Wahlkampfleiter New Media von Adrian Leimgrübler (FDP) für die Statthalterwahl des Bezirks Dietikon. Der setzte ihn ab, weil Lenherr Anweisungen missachtet haben soll. Was ihm Leimgrübler vorgeworfen habe, stimme alles nicht, sagt Lenherr heute: «Ich war ein naiver Jugendlicher, der ausgenutzt wurde.»

Auf Lenherrs Linkedin-Profil fehlt von dieser Beschäftigung jede Spur. Über Politik sprechen mag Lenherr beim Döneressen nicht. Schon gar nicht, wenn er es nochmals für ein redaktionelles Social-Media-Video erzählen soll. Sagt dann aber doch: «Ich wollte etwas verändern. Und ich ging in die FDP, weil ich das Gefühl hatte, in der Wirtschaftspartei am meisten vorwärtsbringen zu können.» 2018 kandidierte Lenherr in seinem heutigen Wohnort Hagenbuch für die junge FDP für den Gemeinderat. Gewählt wurde sein Konkurrent aus der Jungen SVP.

2022 wurde Stefano Lenherr also zu Steve Merson und lud erste Videos auf Tiktok hoch. Der Name Merson sei eine Hommage an Freddie Mercury und Michael Jackson – «die grössten Entertainer der Welt». Merson testete und benotete Döner und vergab Noten, basierend auf Food, Service, Preis/Leistung und Location des Dönerladens. Dann begann er, Dinge zu verschenken.

Ob er das nicht nur für die eigene Beliebt- und Bekanntheit mache? Als Antwort wirft Merson mit aufgeblasenen Begriffen nur so um sich: Motivation, Hoffnung, Veränderung. Er selbst habe es als Jugendlicher nicht einfach gehabt, als er in Schlieren bei seinem drogenabhängigen Vater wohnte. Es gab Leute, die ihm damals geholfen hätten, das wolle er jetzt weitergeben: Positivität vermitteln und damit Veränderung bewirken. «Die Jugendlichen sind depressiv und hoffnungslos. Ich sage ihnen: Du kannst alles schaffen und erreichen.» Merson weiss offenbar, wie es um die psychische Verfassung einer ganzen Generation steht.

Deshalb geht er immer wieder auch an Schulen und beschenkt die Schüler und Schülerinnen mit den besten Leistungen. Aber er helfe selbstverständlich Jugendlichen auch privat, abseits von Kameras.

Steve Mersons Auftritte verursachten in letzter Zeit auch negative Schlagzeilen. Im Januar brach die Polizei eine Gratis-Döner-Aktion wegen Sicherheitsbedenken ab.

Wie es Jugendliche denn weiterbringe, wenn sie Dinge geschenkt bekommen? Langsam wirkt Merson etwas angespannt. Wieder antwortet er floskelhaft: «Ich helfe den Menschen. Ich motiviere sie, schenke Hoffnung.» Okay, gut. Aber wer die E-Scooter denn bezahle? Er erhalte von Firmen, mit denen er zusammenarbeite, anstatt einer Bezahlung Produkte, die er dann verschenken könne. Es sei also keine Werbung, da er damit kein Geld verdiene.

Am meisten Spass mache ihm sowieso das Verschenken von Bildung. Letzten Herbst vergab er im Auftrag von Gidor Coiffure und Coop an der Berufsmesse in Zürich Lehrstellen. Drei Stunden lang habe er nach den passenden Lernenden gesucht, da die Jugendlichen die Anforderungen durchaus erfüllen mussten. «Ich bin für die Jugendlichen – und das sagen sie selbst – wie Ronaldo. Ich bin ein Vorbild für die Generation Z», sagt Merson. Darum zeigt er in seinen Videos zum Beispiel auch nicht, dass er raucht.

Döner verteilen, bis die Polizei kommt

Es gibt auch negative Schlagzeilen über den Tiktok-Star Steve Merson. Diesen Januar verteilte er in Uster Gratis-Döner. Der Andrang war so gross, dass die Polizei ausrücken musste. Die Aktion wurde schliesslich wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen. Merson fand das von der Polizei übertrieben: «Es waren doch Jugendliche, keine Hooligans.» Er selbst hatte zwar für den Event fünf Sicherheitsleute organisiert. Döner verteilen, bis die Polizei kommt – für Merson eigentlich ein Kompliment.

«Ich will die Schweiz auf den Kopf stellen», sagt Steve Merson wenig überraschend, wenn man ihn nach seinen Plänen für die Zukunft fragt. «Es gibt Kinder, die dank mir eine bessere Note geschrieben oder eine Prüfung bestanden haben. Das ist mein Erfolg», sagt der Tiktoker.

Beim Verlassen des Dönerladens nimmt man Merson ab, dass er sich für junge Menschen einsetzen möchte. Die Selbstüberschätzung, die er aber gleichzeitig an den Tag legt, ist erstaunlich. Und macht ihn schlussendlich einfach zu einem weiteren Typen auf Tiktok, der die Welt verändern möchte.